IndexInfo

 
Allerley Hanndwerck und Wissenswertes

13: Von Anbau und Nutzung des Flachses
Eine Abhandlung von Meister Alyrus Senstein

AllerleyWeiter

(Autoren: Bernd Pils & Friederike Stein, 2002, Quelle: DL Nro. 23)


Einleitung - Beschreibung - Herkunft - Anbau - Ernte - Bearbeitung - Spinnen

DSA: Abenteuerliches | Irdisches - Histor. Rezepte - Zitate - Quellen | Links

 

Meister Senstein verbrachte einige Zeit im östlichen Darpatien. Hier stand der Flachsanbau in höchster Blüte und gehörte in das Forschungsgebiet der Gelehrten. Folgende Betrachtung möge dem Bauern, aber auch dem Vogt und der Baronin eine wohlwollende Anleitung zum Flachsanbau sein. -- EOT

Auf Geheiß Ihrer Durchlaucht Irmegunde v. Rabenmund ä. H., unser aller Fürstin unseres geliebten Darpatiens, sei es uns anheim gelegt, den Flachs auf den darpatischen Ländereien zu kultivieren und die Ernte zum Wohle aller Völker einzubringen. (s. Erlaß DL 21)

Welch weiser Entschluß durch unsere Fürstin gefallen ist, soll in dieser Abhandlung erläutert werden, wiewohl auch auf den Anbau und die Ernte dieser Pflanze eingegangen werden soll, darauf ein Gelingen der Saat gegeben ist.

Die in Tobrien liegenden Flachsfelder sind vom Feinde angeeignet worden, wohlwissend, welchen Dorn man so in den Leib des Reiches setzen würde. Von diesen Feldern wurde jener Flachs gewonnen, welcher so vielen als Grundlage für Kleidung, Öle und Heilmittel dienet.
   Jene Leinweber, denen nun der Grundstoff zur Herstellung ihrer Stoffe fehlt, jene Apothekarii, denen nun ein wichtiges Öl zur Herstellung notwendiger Heilmittel aus den Händen gerissen, jene Färber, welche nun die Qualität ihrer Farben nicht mehr versichern können, sie alle bedürfen der Hilfe der Fürstin, welche nun mit ihrem weisen Entschluß zur Bestellung darpatischer Felder mit Flachs jenen zur Hilfe eilt, die wie viele andere für das Wohl Darpatiens sorgen, auf daß sie die benötigten Stoffe erhalten.

 

Was ist nun Flachs oder Lein?

Der Lein wird besonders in zwei Richtungen verwandt. Zum einen wird daraus das Leinen, zum anderen das Leinöl gewonnen. So gibt es auch zwei Pflanzen, die sich in ihrem Ertrag unterscheiden.

[DL2302B.GIF]

Flachs- bzw. Leinpflanzen (Linum officinalis). Die Stengel und Blätter sind mittelgrün. Die Blüten sind - beim ird. wie aventur. Flachs - zartblau, nur der Ostdarpatische bzw. Beilunker Flachs (Bedon) hat hellgelbe Blüten. Die Blüten sind - auch bei Bedon - fünfblättrig. Die Abbildung des Beilunker Wappens im Aventur. Lexikon S. 184 ff ist also nicht ganz richtig ...

Der Faserlein, welcher das gemäßigte Klima, das im Norden Darpatiens vorherrscht, bevorzugt, versorgt uns, wie sein Name sagt, mit der Faser für das Leinen. Er wird im zeitigen Frühjahr ausgesät und im Sommer geerntet.
   Die schlanken, einstengeligen Pflanzen wachsen schnell heran, so daß sie kaum unter Unkräutern leiden. Die Pflanze wird dreißig bis fünfundvierzig Finger hoch, selten höher. Die kleinen, länglichen Blätter liegen in wechselständiger Anordnung am Stengel an.
   Im oberen Teil verzweigt sich der Stengel zu einer Rispe, an denen die wohlbekannten blauen Blüten wachsen. Daraus entwickeln sich von Rahja bis Rondra runde, geschlossene Kapseln, in welchen jeweils zehn Samenkörner reifen, welche beim Öllein deutlicher ausgeprägt sind. Dieser bevorzugt das wärmere Klima Süddarpatiens.

 

Woher stammt der Flachs?

Vor bereits über 2000 Götterläufen wurde der Flachs im Lande der Ersten Sonne, in der Gegend um Mherwed und Rashdul, angebaut, wo er mit seiner blauen Blüte die Felder beherrschte.
   Feinstes Linnen wurde aus den Fasern gewonnen, und es konnten wertvolle Mittel, die der Genesung Kranker dienten, hergestellt werden. Auch im Alltag wurde dieser Stoff am Leibe getragen, sehr viel gröber allerdings in seiner Beschaffenheit.

Mit jenen Kauffahrern, welche Festum als Ziel hatten, gelangte der Flachs weiter nach Norden, wo er insbesondere im Tobrischen, wie auch in Ostdarpatien und in anderen Teilen des Reiches, hier jedoch in bedeutend geringerem Maße, eine neue Heimat fand. Zwischen Vallusa und Eslamsbrück wuchsen ganze Flachsmeere auf, die einen, wenn auch bescheidenen, Wohlstand für die Menschen zuließen.

Nun jedoch sind diese Flächen in des Feindes Hand, und im gesamten Reiche, eben auch in Darpatien, geht dieser Rohstoff zur Neige.
   So müssen wir nun alle an einem Strange ziehen, um den Flachsanbau auch auf unseren Ländereien auszudehnen und diesen Mißstand einzudämmen.

 

Wie kann der Flachs auf unseren Feldern angebaut werden?

Flachs wird im Frühling bis Frühsommer wie Getreide ausgesät. Man sagt, er brauche 100 Tage, bis er blüht. Die Blüte ist auch eine gute Bienenweide. Sind mehr die Fasern gefragt, erntet man zeitig im Sommer, will man reife Samen erhalten, noch etwas später, etwa im Rondra.

 

Von Ernte und weiterer Bearbeitung des Flachses:

Bei der Ernte muß große Sorgfalt herrschen, denn die Samenkapseln sitzen nur sehr lose an der Pflanze.

Zunächst wird die Pflanze im Ganzen aus dem Boden gerissen, um dann liegend auf dem Felde abzutrocknen. Für den Abtransport der angetrockneten Pflanzen schlägt man einen Wagen mit Laken aus, damit keine Samenkapseln verlustig gehen.

Die Kapseln werden alsdann von den Stengeln gerissen, indem sie über das Reffel- oder Reepeisen gezogen («geriffelt») werden. Durch Dreschen werden sie nun aus ihren Hüllen befreit. Sodann werden sie in der Ölmühle gemahlen, auf daß man das Leinöl gewinne, welches auch als Speiseöl dienet.

Die Halme des Flachses gebe man in die «Rottkuhlen», flache Wasserlöcher, in denen sie so lange lagern, bis der Gärvorgang («Röste») vollendet, auf daß der Flachs von den Bindestoffen befreit ist. In manchen Gegenden reichen hierzu Tau und Wetter. Dies dauert freilich länger, bis an die fünf Wochen. Auf dem Felde oder über einer Feuerdarre trocknet man den Flachs nun noch einmal.

So kann nun die eigentliche Verarbeitung des Flachses beginnen. Zunächst befreie man die hellen Fasern auf den «Braken» von den holzigen Bestandteilen. Die Stengel werden hierbei mit einer Schneid-Latte über zwei Brech-Latten gebrochen. Am «Schwingbrette» schlägt man nun mit dem hölzernen Flachsmesser die jetzt lose hängenden Teile ab, auf daß einzig die Bastfasern erhalten bleiben.

Da im Bast die Fasern noch netzartig aneinander gebunden sind, werden sie nun auf Nagelbrettern «gehechelt». So werden die kurzen, minderwertigen Fasern abgeschieden. Diese nennt man die «Hede». Die bessere Hede kann nun noch zu groben Stoffen und Sackleinen verarbeitet werden, die weniger gute (Werg) dient noch zum Abdichten von Eimern und anderen hölzernen Gefäßen sowie zum Kalfatern der Schiffe, als Matratzenfüllung oder in der Seilerei (s.a. DL 12).

Den langfaserigen Flachs verknote man nun locker in dicken Strähnen und lege ihn für die Zeit der Spinnabende zurück.

Zum Spinnen des Flachses muß ich niemandem, der sein Hauswerk kennt, mehr Hilfe geben, doch der Vollständigkeit halber will ich auch darauf kurz eingehen.

Die losen Flachsbündel, zu schimmernden Fächern gelegt, welche gut zeigen, warum manche Leute Flachssträhnen nutzen, ihr eigenes Haar zu mehren, windet man zunächst um einen langen gerieften Stab am Spinnrad, den «Rocken» (auch Kunkel). Gehalten wird diese Docke mit einem kreuzweis gewundenen Band. Mit den an den Lippen angefeuchteten Fingern zupft man nun Fäden aus dem «Rocken», dreht sie zusammen und führt sie auf die Spule, die durch Tretantrieb gedreht wird. Der so entstandene Faden wird auf eben dieser Spule gleichmäßig aufgewickelt.

Die volle Spule wird nun auf die «Haspel» gewickelt, welche eine Art Zählwerk enthalten mag, auf daß die Spinnerin weiß, wie viele Schritt Garn sich darauf befinden. Mit diesem Garn kann nun der Weber jene herrlichen Tücher anfertigen, für die das Leinen so berühmt ist.

 

Abenteuerliches:

(von F. Stein)

Flachs (blau) bzw. Bedon (gelb) wurden v.a. in Ost-Darpatien, Beilunk und Tobrien angebaut. Nach der Besetzung dieser Gebiete durch die borbaradianischen Horden sind Flachs und seine Produkte jetzt ebenso Mangelware wie Hanf (aus Maraskan).

Dies betrifft durchaus alltägliche Waren wie Leinentuch und feines Linnen für Kleidung, Bettzeug, Mobiliar usw., Sack-, Zelt- und Segeltuch, Seile und Taue, Öl für Lampen, Speisen, Farben, Salben. All dies ist in weiten Teilen Aventuriens seit 26 Hal eigentlich rarer und damit teurer geworden!

Die Folge: Diebstahl, Raub, Schmuggel und Kaperfahrten blühen, Rohfasern und deren Produkte werden oft zu Wucherpreisen gehandelt.

Durch das «Flachs-Edikt» der Fürstin (siehe hierzu DL 21, S. 13) könnte sich Darpatien wichtige Marktanteile im Handel mit diesen Produkten sichern, zumindest die Preise im eigenen Land erträglich halten. Das Edikt ist damit auch direkt im Rahmen des derzeitigen wirtschaftlichen Aufschwungs Darpatiens zu sehen.

Meister und Autoren mögen also nunmehr im Frühsommer häufiger blaue oder gelbe Flachsfelder in die Szenerie einbauen, Spieler ihre «Helden» darin untertauchen lassen.

Jung-Abenteurer mögen als Eskorte für Handelszüge angestellt werden oder zur Bewachung trocknender Ernte. Im Gegensatz zu Weltrettungen oder Drachenhortsuchen sind das natürlich «Lappalien» -- bis auf einmal eine Diebesbande in heptarchischem Auftrag vor ihnen steht oder sie sich mitten in Intrigen um Zölle, Monopole etc. wiederfinden.

 

Irdische Anmerkungen:

(von B. Pils und F. Stein)

Flachs, Lein: lat. Linum usitatissimum; Fam. Linaceae (Leingewächse), Ord. Geraniales; Kulturform, Wildform unbekannt.

Div. Linum-Wildarten, u.a. der gelbblühende L. flavum in Mittel- u. Südeuropa heimisch; bevorzugt kalkigen (!), trockenen Boden; Heil und Giftwirkung v.a. bei Flachs und Purgier-Lein (L. catharticum).

Irdisch wurde er bereits vor 4.000 Jahren in Ägypten angebaut und z.B. zu Mumienbinden verarbeitet, die Phönizier handelten mit den Fasern und Textilien in der ganzen damals bekannten Welt. Nach Nordeuropa kam Lein spätestens mit den Römern, wahrscheinlich war er hier aber seit der Jungsteinzeit bekannt; in Irland und Wales ist sein Anbau spätestens seit dem 5. Jh. n.Chr. nachgewiesen.

Anbau und Verarbeitung sind 1:1 aus dem Irdischen ins Aventurische übernommen worden.

Wer sich weitergehend für Flachsanbau interessiert, dem sei die Seite www.ki.shuttle.de/ki/rhs/pkhome.htm empfohlen, auf der die Ricarda-Huch-Schule in Kiel im Zuge eines Projektunterrichtes im Jahre 1998/99 ausführlichst zum Thema Flachs informiert, und dies auf sehr interessante Weise!

 

Rezepte mit Lein aus dem Mittelalter

Bei Schuppenflechte: zweimal täglich Leinsamen auf der betroffenen Stelle einreiben.

Bei Verstopfung: 1 Teelöffel Leinsamenöl morgens einnehmen.

Bei Zahnschmerzen: 1-2 Teelöffel Leinsamen, in 1/4 Liter Wasser 20 min quellen lassen und als heiße Auflage in einem Mullsäckchen über den Zahn stülpen.

Bei Leibschmerzen: 1-2 Teelöffel Leinsamen in 1/4 Liter Wasser ansetzen, 20--30 min quellen lassen, 2--3 Tassen täglich.

Bei Leber- und Gallenschmerzen: ein Leinsamentee, der die Schmerzen bei Leberschwellungen nimmt.

 

Aus Kräuterbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts:

«Der Leinsame (...) bringt lust zu den natürlichen wercken mit Pfeffer und hoenig vermischt / ein kuochen darauß gemacht / und gessen. (...) In wein gesotten / vnd die wunden darmit gewaeschen / verhuetet er das die schaeden nit weiter umb sich fressen.» (L. Fuchs)

«Leinsaamen auf Kohlen gelegt / gibt einen guten Rauch / welcher in die Naß gelassen / den Schnupffen benimmt. (...) Leinsaamen mit Salnitri, und Feigenbaeumaeschen angestrichen / (...) / reiniget auch die fliessende um sich fressende Geschwer. (...) reitzet zur Unkeuschheit / nemlich / so man ein wenig gestossenen Pfeffer darunter mengt.» (A. Lonicerus)

«Ich bin auf einem Handelsschoner gesegelt, unter einem Großsegel aus Leinen, das vierzig Jahre lang Sommer und Winter, Tag und Nacht in Gebrauch war und nur alle fünf Jahre mit einer Mischung aus Fischöl, Leinöl und Cutch (einem Produkt des burmesischen Betel-Baumes) behandelt wurde.» (John Seymour, 1984)

Indexseite

Historisches

   Schreiber
   Pergamenter
   Papierer
   Formschneider
   Schriftsetzer
   Söldner & Krieger
   Seiler & Reep...
   Zeit - Teil 1
   Zeit - Teil 2
   Zeit - Berichtigung
   Alaunsalz
   Salz
   Flachs
   Wallfahrten
   Fruchtfolge
   Alchemie
   Karavelle

Fantasy/DSA

   Einleitung zur Serie
   an die Leser des DL

 

Quellen:

B. Pils und F. Stein



Impressum -- Text © 2002 Bernd Pils & Friederike Stein, Graphik & Layout © 1999-2007 M. C. Herdt, Tübingen, BRD. Alle Angaben und Verknüpfungen ohne Gewähr. Datum der letzten Änderung: 2007-12-30.


Dieser Artikel stammt aus:
[Der Darpatische Landbote]
Diese Homepage wurde ermöglicht durch:
Maus Mailbox Tübingen"Komm ins Mausnet™!"