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Allerley Hanndwerck und Wissenswertes

11: Bitteres Alaun
«Eine Bitterkeit der Erden»

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(Autoren: F. Stein & U. Eichler, 2000, Quelle: DL Nro. 17)


Substanz - Gewinnung - Nutzen - Geologie - Spruch - Quellen | Weitere Links

«Eine Bitterkeit der Erden» nennt Lonicerus 1679 dieses Salz aus dem Mineral Alunit, und sein Geschmack soll ihm den Namen gegeben haben: nach dem indogermanischen «alu», Bier («Ale»). Nach anderen Quellen bezeichnete das lateinische «alumen» ebenfalls schlicht ein «bitteres Tonerdesalz», das über das altfranzösische bzw. mittelhochdeutsche «alun» zu «Alaun» wurde.
   Die moderne Assoziation mit Bierdosen-«Alu» ist dabei auch nicht falsch, denn Alaun ist ein Aluminium-Kalium-Sulfat. Seine farblosen Kristalle ergeben zermahlen ein weißes Pulver.

 

Gewonnen wurde das Bittersalz schon im Mittelalter aus dem schwarzen Alaunschiefer. Zerkleinert wurde der in Meilern verbrannt, die Reste ließ man an die neun Monate offen liegen. In einem Tank wurden die Rückstände mit Urin oder auch mit Seegras-Asche vermengt, schließlich die Masse mit heißem Wasser gesotten und eingedampft. Insgesamt brauchte man für die Alaungewinnung außer Alunit also vor allem eins: viel Wald.
   An beidem ist in der Schwarzen Sichel kein Mangel. Derzeit wird Alaun vor allem in Friedwang gewonnen (s. DL 15). Das Handelsmonopol dieses Alauns liegt freilich bei einem gewissen Stanizzo di Toro (s. DL 16).

 

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wie es im Opus Adami Loniceri getrucket stand

Wie viele andere Stoffe muß Alaun in der Medizin früherer Tage als wahres Wundermittel gegolten haben. Bis heute verwendet man Alaunstifte zur Blutstillung bei kleinen Wunden, früher setzte man das Pulver auch gegen allerlei Entzündungen, Ekzeme und nässende Hautausschläge, aber auch bei der Empfängnisverhütung ein, zum Teil einfach, indem man es in einem Stoffsäckchen bei sich trug. Selbst gegen Ängste und Schuldgefühle sollte es helfen, und im Orient diente Alunit als Schutzstein gegen Besessenheit und Verzauberung.
   Lonicerus empfiehlt 1679, das Pulver mit Regenwürmern zu vermischen und gut zu vermahlen; dies ergibt eine Salbe gegen Krebsgeschwüre. Außerdem soll Alaun gegen Jucken und Grind, Fisteln, «faulig Fleisch in Wunden» sowie gegen Läuse und Nissen helfen.
   Ohne Zweifel wird die Friedwanger Baronin und Medica Serwa sich des Alauns recht häufig bedienen, ebenso auch all die Feldschere, Therbuniten und andere Heiler, die ja in Darpatien derzeit keine Seltenheit sind.

Seine Verwendung als Adstringens («zusammenziehendes» Mittel) erinnert an andere Gerbstoffe, womit man die wirtschaftlich bedeutendste Verwendung von Alaun bereits genannt hat: als Beizmittel in der Gerberei.
   Zum Konservieren von Häuten muß zunächst Fleisch und Fett, für reines Leder auch die Haare entfernt werden, Kalkbäder unterstützen das mechanische Abschaben. Salzlaugen lösen Blut und Eiweiße heraus, um Fäulnis zu verhindern, der eigentliche Gerb- und Beizvorgang macht die Haut endlich zum geschmeidigen Leder.
   In der Loh- oder Rotgerberei verwendet man dafür Eichen- und Fichtenrinde; die «Lohe» färbt das Leder rotbraun. Alaun hingegen wird in der Weißgerberei eingesetzt; die resultierenden hellen, feineren Leder werden zu Handschuhen, Bucheinbänden und dergleichen Luxusartikel mehr verarbeitet.
   Es dauert mit diesen Verfahren übrigens mehrere Jahre, bis aus einer abgezogenen Tierhaut ein schönes, haltbares Leder wird.
   Die aventurische Bedeutung von Alaun für das «Rinderland» Darpatien braucht man wohl kaum noch zu betonen, auch wenn die Häute ausgewachsener Rinder eher in der Lohgerberei Verwendung finden und Weißgerber sich lieber bei Ziege, Kalb und Schaf bedienen.

Was einerseits Leder weißer denn weiß macht, erhöht andererseits bei Farben die Leuchtkraft, vor allem aber die Farbechtheit bunter Stoffe. So wurde Alaun auch in der Färberei als Beize eingesetzt.
   Bei der Papierherstellung dient es zudem als Leimmittel. In Waldmarkt, Gluckenhang und anderen Orten mit Papiermühlen dürften sich also Abnehmer zumindest kleiner Mengen finden.

 

Auf der Suche nach geeignetem Tonschiefer stößt man auch auf zahlreiche mehr oder minder nutzbare Begleitstoffe wie Pyrit («falsches» oder «Katzengold» -- darpatisch «Pyrdacorit») und Bergkristall, vor allem aber Grünes und Blaues Vitriol (Schwefelwasser). Ersteres wurde früher zur Unkrautbekämpfung verwendet, Letzteres zur Holzkonservierung und im Weinbau, und alle beide vielfach in der Alchemie. -- Nicht nur die darpatischen Weinbauern dürften also Interesse daran haben.
   Oft fördert man auch einen schwarzglänzenden Halbedelstein zu Tage, den sogenannten Jet (sprich «Dschet»), auch Gagat, «schwarzer Bernstein» oder prosaischer «Pechkohle» genannt. Außer der Fundstätte hat der mit dem Alaun eigentlich nichts zu tun, es ist nichts als bitumenreiche Braunkohle.
   Wegen seiner schönen tiefschwarzen Farbe und weil er gerade weich genug zum Schnitzen und Polieren ist, dient der Gagat aber von der Altsteinzeit bis heute -- und bei uns in Darpatien sicher vor allem beim Boronheiligtum! -- als gefragter Schmuckstein. Jet und Alaun mögen wieder zusammenfinden, wenn die Dame überm weißgegerbten Ziegenlederhandschuh den eleganten Gagatring trägt ...

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Lassen wir dieses edle Bild noch ein wenig auf uns wirken und lauschen zum Schluß einem alten Weißgerber-Spruch:

In des Leders Werdegang /
ist die Hauptsach' der Gestank. /
Kalk, Alaun, Salz, Mehl, Arsen, /
machen's gar recht weiß und schön. /
Eigelb, Punkel, Hundeschiete /
geben ihm besond're Güte. /
Drum ist es ein Hochgenuß /
auf den Handschuh zart ein Kuß.

F. Stein & U. Eichler

 

Quellen:

Adamus Lonicerus: «Kräuterbuch» (1679);
Bernd Wurlitzer: «Historische Werkstätten» (1989);
Etymologisches, dtv- u. a. Lexika;
div. Zeitungsartikel;
WWW (v. a. www.feengrotten.de)


Impressum -- Text © 2000 Friederike Stein & Uwe Eichler, Graphik & Layout © 1999-2007 M. C. Herdt, Tübingen, BRD. Alle Angaben und Verknüpfungen ohne Gewähr. Datum der letzten Änderung: 2007-12-30.


Dieser Artikel stammt aus:
[Der Darpatische Landbote]
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