[Der Darpatische Landbote]Numero 13 (Phe. 1022 n.B.F./29 Hal/Nov. 1999), S.18

Gluckenhang

Literaturliste


Abends in Traviansfurt

Gerüchte im Grünen Pflug

- von Marianne C. Herdt -

Kurzinformation:
Ort: Stadt Traviansfurt, Baronie Gluckenhang
Zeit: 28 Hal
Personen:
- Garnhilf, Dolfing und Bertrecht, drei Traviansfurter
- Ulf Pfluger, der Wirt der Schänke "Zum Grünen Pflug"
- sowie weitere Personen am Nebentisch und in der Erwähnung.

[Szene im Grünen Pflug]

»Herrschaften, kann's noch was sein?«

Der Wirt nahm die leeren Steingutkrüge vom Tisch und wischte mit einem groben Lappen nach.

Garnhilf unterbrach seine Gedankenpause: »Jo, noch zwei Helle, Ulfen!«

»Herrschaften ...« kicherte Bertrecht, »Nu simmer schon Herrschaften, wie?«

»Je, nu, der Kunde is Könich, heißt's doch ...« schmunzelte Ulf und machte sich auf den Weg zu seinen Fässern.

Dolfing sah, wie aus schweren Gedanken gerissen, hoch und rief: »Mir noch ein Träuble!«

Ulf, der bereits wieder am Ausschank stand, bestätigte die Bestellung mit einem Fingerzeig auf Dolfing. Während er sich zum Faß Hellen hinabbeugte, hielt er die Linke hoch und klapperte mit Daumen und Zeigefinger.

»Oooch,« überlegte Dolfing, »ein Halber wär' wohl recht!«

»Wo war i? Ah, jo: Habt ihr schon g'hört, daß der Siegtrud ihr Alter umgeha soll?« Garnhilf beugte sich verschwörerisch über den Tisch. »Der war jo im Krieg oben an der Trollpfort' und is do verwundet worde.
   Vor zwei Mond isser dann heimkomme. Die Siegtrud war jo angeblich ganz froh d'rum, weil se doch des Flichtlingspack ins Haus bekomme hot un sich so allein g'fühlt hot. Aber es heißt jo, daß se selbscht ganz gern mitgekämpft hätt', wenn se sich bloß frieher els ihr Alter g'meldet hett, aber der wor halt scho einzoge worre.
   Egal, jetzt isch ihr Alder grad a Woch' dot und scho soll's im Haus umgehe ...«

»Awa«, brummte Dolfing, »dummes G'schwätz.«

»Ha, Du weisch's jo grad wieder besser, Du ...!« entrüstete sich Garnhilf.

»Ach was, gestern hab' ich se noch g'sehe und mit ihra g'schwatzt. Und des einzige, was umgeht, sind die Kinder von dena Flichtling, die wo se hot. Die hend sich halt an Spaß g'macht.«

»Ah, so. Kinder ...« Garnhilf lehnte sich entäuscht zurück.

Ulf kam an den Tisch, links zwei schäumende Krüge und rechts einen großen Becher in der Hand.
   »Zum Wohle, ihr Herrschaften!«, schmunzelte er. »Und, darf's sonst noch etwas sein? Ein Wasser vielleicht?«

Bertrecht winkte ab »Für mich nit, du weißt doch daß meine Alma des nit mag, wenn ich zu viel trink'.«

»Du und deine Almagund: wie seid ihr bloß zusammegekumme ...?« frotzelte Garnhilf.

»Also zwei.« folgerte Ulf und holte vom Schanktisch zwei einfache Gläser und eine Flasche mit trübbraunem Inhalt.

Als er einschenkte, deutete Bertrecht zum hinteren Teil des Schankraumes. Dort, am sogenannten "Zünftigen Tisch" saßen der Gewürzhändler Ochstantor, die Küferin Öchselgrad, der Feinschmied Yssenfurth, die Kürschnerin Fehguth, der Bäcker Semmelsturz und der Setzer Kayhfall beisammen - allesamt angesehene Zunftmeister und -mitglieder. Üblicherweise trafen sich diese angesehenen Bürger hier im Pflug, um vom Ernst des Tages Abstand zu nehmen, zu trinken, zu disputieren, zu lachen und gelegentlich sogar zu singen.

»Du, sach, was schwätzen die da eichentlich so emsig? Die sin doch sunst nit so ernst bei der Sach'?«

»Ich weiß es nicht und will es auch nicht wissen.« brummte Ulf. »Und sieh nicht so neugierig hin!« Dann kehrte er zum Ausschank zurück.

Bertrecht seufzte. »Ach, jetzt müßt' mer a Fliege sein! Ich tät's doch gar zu gern wissen, was die da wieder aushecken tun ...«

»Haha, so wie der vermaledeite Bot' damals, der in Rommilys war, wie?« Dolfing patschte mit der flachen Hand auf den Tisch. »Un no holt' einer von dene die Klatsch' raus und batsch - platt bist'!«

»Ah, no halt a Maus unter'm Tisch.« schmollte Bertrecht. »Ja, kommt's eich denn nit komisch vor?«

Garnhilf beugte sich verschwörerisch vor: »Also, ich hab' g'hört, daß dem Ochstantor sei Bruder Zornbald ...«

»Is das nit der Praios-Geweihte? unterbrach ihn Bertrecht.

»Jo, genau der. Also: der möcht' auch einen großen Tempel in Traviansfurt, wenn's geht noch größer als das Haus unserer gütigen Mutter Travia.«

»Ja, das geht doch nit! Was soll denn da uns Travia denken, wenn ihr Kinner dem Praios des Haus schener machen als des ihres?« Bertrecht schnaufte empört, und drehte sich zum Ausschank um: »He, Ulf, ich hätt' gern doch a Wasser!«

»Doch, doch,« fuhr Garnhilf ungerührt fort, »un des paßt natierlich unsere Zunftleut' garnit, weil die der Travia so dankbar sin, daß sie so gut für ihr Famillje g'sorgt hat. Was braucht mer da a größer's Haus für den strengen Herrn Praios. Nachher bräucht's bloß noch mehr von seine Ordnungshüter, und die häbet dann bloß wieder überall die Nas' drin und däte alle Tag' für Ordnung sorge wollet wo's keine mehr braucht.«

»Haha,« kommentierte Dolfing »und dem Phex wär's au nit recht, wenn dem Handel auf die Finger 'guckt würd' ...«

»Genau, das auch, jo. Aber, jetzt kummt's no dicker!«
   Garnhilf nahm einen tiefen Zug von seinem Hellen, wischte sich den Schaum vom Mund und fuhr fort:

»Nu is vor a paar Tag' der Yssenfurth vom Zornbald angesproche worre, was denn wohl so Ordensspange kosten sollt', wemmers für den Herrn Praios bräucht'. A gutes Dutzend oder mehr sollten's sein, sagt mer.
   Der aber is jo nit auf de Kopf gefalle und hat sich natierlich nit festgelegt, hat gesagt, des mißt mer erst kallu..., kallku..., berechne und is, als der Zornbald weg war, sofort zum Ochstantor gelaufe. Sacht mer.
   Und der hat's seine Ratsleut' g'sagt und nit lang danach hat's au der Herr Grindberg erfahre.«

Dolfing, der gerade von seinem Wein getrunken hatte, verschluckte sich, hustete und krächzte dann: »Auha, der Verwalter der Frau Baronin? Des gibt bestimmt Ärger!«

»Natierlich, Du Bachel! Un spritz mich nit so an!« Garnhilf zog ein Tuch aus der Tasche und wischte sich die Spritzer vom Wams.
   »Der wird's natierlich briehwarm der Frau Baronin gesagt habe, wie ich den einschätz', weil der doch beim letzte Mal, als die Frag' war, welchen Tempel mer nu neubaue sollt' - weil, es kunnt jo nur einer sei, weil doch so wenich Geld do war - also, do hat er ja auch elles getan, daß uns Travia a neues Haus kriegt und hat sogar no a gutes Geld dazugegebe.«

»Der? De Frau Baronin ihr Verwalter? Des hätt' ich jetzt nit gedenkt! So kann mer sich in de Leut' irre ...« wunderte sich Dolfing, noch immer etwas krächzend.

»Hajo, wenn Du der wärst, dann dätst Du Dir au nit gern ieberall neirede lasse und scho gleich garnit von de Aufpasser des Herrn Praios.«

Bertrecht hielt sich die Ohren zu und rollte theatralisch mit den Augen. »Also, wemmer euch so rede hört, da könnt mer ja gleich in de Tempel un Buße tue! Nit nur, daß ihr Bös' gege den Herrn Verwalter schwätzet, wo der doch sogar beim scheene Haus der Travia gehulfe hat, nä, ihr schwätzet sogar mit loser Zung' ieber die Geweihte des Herrn Praios! Ich hoff' nur, daß der des net gehert hat, weil er ebbs anderst zu tun hat ...«

»Awa, mir saget doch garnix gege die, mir saget doch nur, wie's is.«
   Dolfing lehnte sich zurück und winkte mit dem leeren Becher: »Ulf, sei so gut, mach' uns noch a Runde!«

Ulf deutete auf die Reihe Humpen auf dem Tisch vor sich: »Erst die Zunftherren, dann ihr!«

»Wo waret mer?« Garnhilf kratzte sich am Kopf.
   »Ahso, jo: Die Frau Baronin, des weiß i aus sicherer Quelle, kann aber den Zornbald nit leide. I weiß nit warum, gege de Herrn Praios wird se scho nix habe, behüt' auch, aber de Zornbald is halt auch a bißle argo..., arrog..., komisch, wemmer ihn so trifft. Wenn der net an Geweihter wär', dann tät' der bestimmt scho mal am Pranger stehe misse.
   Und wenn des so stimmt, was mer hört, no tät der Meister Ochstantor grad no dazu feixe. Der und sein Bruder sind sich nämlich net ganz grün.
   Grün, versteht ihr? An Gewürzhändler und net ganz grün, haha!«

Dolfing grinste. »Und was meinst, wie's weitergeht? Ich mein', wenn ich unsere Zunftherre so richtig einschätz', dann täten die doch lieber amol den Phextempel renoviere lasse oder sich bei de Herre Boron und Efferd bedanke oder - grad' der Ochstantor - bei der Frau Peraine. Oder dem Ingerimm mol a neu's Feuerbecke spendiere und der Hesind' amol a bissel was zum Lese.«

»Nu, des is ja auch a Sach vom Geld, nit wahr?« Garnhilf rieb Zeigefinger und Damen aneinander.

»Willst schon zahlen, Garnhilf?« wunderte sich Ulf, der unbemerkt an den Tisch gekommen war. Er stellte die bestellten Getränke ab und nahm die leeren Gefäße.

»Nää, mir unterhalte uns nur ieber's Geld!« wehrte dieser eifrig ab.

»Gerade Du! Zahl' mal lieber Deine Kerben bei mir ab!« lachte Ulf und ließ die Runde wieder allein.

Garnhilf verzog das Gesicht: »Ich weiß selber, wann mein Kerbholz voll is! Pah ...
   Also, de Stadträt saget jo immer, der Kriech und de Flichtling und so, des wär' alles so teuer gewese und se hätten kein Geld nit, und de Herre von de Zünft schütteln auch immer mit de Köpf - sitzen jo auch die meisten von selbst im Ratshaus.
   Nu hab' ich mer sage lasse, daß neilich der Brosener in der Stadt war und in der "Gans" mit dem Zornbald a paar Becher Wein getrunke hätt' und mit dem ieber de Praiostempel geschwätzt hett'.
   De Trudi hätt g'sagt - des is die wo da in der "Gans" bedient, die is a Halbschwester vo meim Vetter und vo dem weiß i des - der Brosener hätt' dem Zornbald Geld versproche, wenn do an Orden hinkäm'. An Praios-Orden!«

Bertrecht, der schon ein wenig eingedöst war, schreckte hoch und schlug ein Schutzzeichen.
   »Ein Orden des strengen Herrn! Hier! Travia behüt'! Dann laufen die, äh, die, äh, na, die Ordentlichen eben, die laufen alle durch die Straßen und aus ist's mit der Ruh! Meine Base war in Gareth, mit 'ner Fuhr vom Ochstantor, die hat das alles mit eig'nen Augen g'seh'n und mir davon erzählt! Da mußt' dann doppelt so schnell laufen und arbeiten mußt' noch viel mehr als vorher und schneller, und noch lang' vor dem ersten Hahnenschrei auf den Beinen steh'n und viel Geld im Tempel lassen, weil der Herr Praios ein gold'nes Dach braucht und gold'ne Wände. Und Praiostags wirst' erwischt, wennst lieber auf der Straße bist als im Tempel des strengen Herrn und kriegst die Peitsche, bis Du alles sagst und tust, was die wollen! Und schwören darf man dann auch nit mehr, bei wem man will, sondern muß bei Praios schwören, schon gar nit mehr bei uns Travia, weil se doch gütig is und der strenge Herr, na eben streng ... hups!«
   Während die Worte aus ihm herausquollen, hatte er so heftig gestikuliert, daß er seinen Krug umgeworfen hatte. Eine schäumende Lache Bier schwappte über die Tischkante auf den Boden.
   Sofort war Ulf mit Lappen und Eimer heran und wischte die Holzdielen trocken.
   Bertrecht sah, nun verschreckt schweigend, mit glasigem Blick zu.

Als Ulf fertig war, warf er den Lappen in den Eimer und zog Bertrecht vom Stuhl.

»Komm Berti,« sprach er mit beruhigender Stimme, »Du hast für heut' genug gehabt. Du solltest jetzt nach Hause gehen, bevor Dich Deine Alma wieder abholen muß.

»Oh, meine liebe Alma, ja, stimmt ...« erinnerte sich Bertrecht nuschelig, »die wird sonst nur wieder bös', wenn ich zuviel trinke ...«

»Deshalb solltest Du ja jetzt auch schnell zu ihr gehen!« Ulf setzte ihm sorgfältig die Kappe auf und bugsierte ihn zum Ausgang.

Dolfing und Garnhilf, die durch die Butzenscheiben des winzigen Fensters lugten, sahen verzerrt, wie ihn Ulf draußen auf der Straße in die richtige Richtung drehte und mit einem sanften Stoß in den Rücken in Marsch setzte. Brav wie ein Lamm tappte Bertrecht weiter, am Fenster vorbei in die Nacht.

»Er verträgt einfach nix.« kommentierte Dolfing, »Zwei Krüg' Bier und der kleinste Stumpen Wasser wird zuviel.«

»Jo. Dabei is das Darpatwasser hier gut! Nit wie de Plörre in der "Gans"!«

»Die tun ja auch richtiges Darpatwasser dazu, damit das Zeug trüb wird.«

»Is wahr? Bäh! Weiß die Gilde davon?«

»Was weiß i - trink's halt nit, dann wird dir nit schlecht.«

Garnhilf kicherte. »Der Wein da is bestimmt auch gepanscht. Recht geschäh's dem Brosener, wenn er Darpatwasser drin g'habt hätt'!«

Vom "Zünftigen Tisch" ertönte Gelächter.
   Dolfing sah hinüber. »Ich merk' schon, die überlege sich scho was.«

»Hoffentlich ieberlege die sich au was recht's.« murrte Garnhilf, trank seinen Krug leer und hielt ihn hoch.

»Ulf? Noch einen, bittschön! Auf drei Bein' steht kein Ochs!« Dann wandte er sich wieder Dolfing zu:
   »G'rad jetzt, wo doch der Brosener im Verdacht is, a Verbrechen getan zu habe, da wär's doch a Sünd', wenn mer den an Tempel stifte ließ!«

Dolfing staunte. »A Verbrechen? Sag bloß, was hat er denn getan?«

»Na, die Vellberger Baronin soll er umgebracht habe - oder wars jemand anders? Egal, irgend so ein hohes Tier halt. G'sucht ham se ihn dafür, heißt's.
   Un der Herr Verwalter Grindberg soll ihn auch scho im Verdacht habe, ebb's Unrechts getan zu habe. Jedenfalls guckt der immer ganz scharf, ob er was finde kann, sacht mer.
   Mer sagt auch, der Brosener soll gege die Baronin integr..., inter..., intigrieren, weil der gern die ganz Baronie für sich hätt' und selber Baron werde will.«

»Unser Baronie? Gluckehang? Un gege unser gude Frau Baronin soll der sei? Der Schuft!« Dolfing knallte den Becher auf den Tisch, daß der letzte Rest Wein hochspritzte.
   Als er Ulfs Blick spürte, sah er hoch: »Tschuldige bitte. Gibst mir trotzdem noch a Becher Träubles?«
   Als er sah, daß Ulf nickte, atmete er tief durch und setzte sein Gespräch fort: »Und der Zornbald macht gemeinsame Sach' mit dem?«

»Na, i glaub', der weiß von nix. Der geht jo ganz auf in seinem Tempel, sieht nit links und sieht nit rechts.«

»Eigentlich beneidenswert, wenn mer so im Glauben aufgeh'n und leben kann. Der kennt bestimmt keine Sorgen um die Zukunft ...«

Garnhilf schnaufte. »Jo, der hat gut leb'n wenn er au von unser'm Geld leben kann. Der feine Herr hat hat b'stimmt keine Schwielen an de Händ' wie wir. I schaff' den lieben langen Tag im Hafen um mei Familje zu ernähr'n und er hält feine Reden und will an Prachtbau un an Haufen feine Pinkel, damit die sich wie do in Rommilys - na, Du weißt scho!
   Nä, I find's richtig, daß uns Travia den größer'n Tempel hat, denn wo wär' mer denn ohne Vatter und Mutter und für wen däten mer denn leb'n wenn net für uns're Kinder? Für'd Ordnung doch bestimmt net!«

Ulf kam an den Tisch, und tauschte die leeren Gefäße gegen volle aus.
   »So, zum Wohle. Und seid mal bitte etwas ruhiger. Ich möcht' nicht, daß die Herrschaften drüben gestört werden.
   Das war übrigens die letzte Runde für heut'. Ich schließ' bald.«

»Jo jo,« schnappte Garnhilf, »scho recht. Die dürfet sich bis in d' Nacht hinei de Hals vollschütte und wir arme Lumpe gucket bei dera früh' Sperrstund in'd Röhr', die uns die da drieba g'legt habe.«

Ob Ulf die Klage gehört hatte oder nicht, war ihm nicht anzusehen, denn schon eilte er davon, die erhobenen, leeren Humpen am "Zünftigen Tisch" anzunehmen.

»Der Kerl kriecht dene jo schier in de Hintern,« maulte Garnhilf, »'s is a Wunder, das mer ieberhaupt noch ebb's zu trinke bekomme.«

»Jetzt komm, sei nit so grantig. Do gibt's no ganz andere Sache, wo mer grantig werde könnt'.« tröstete ihn Dolfing.
   »Drunt in Dergelmund habe se erst vor kurzem a Fest gefeiert, für den Efferd sei'm neue Tempel. Dolle Sach soll des g'wese sei und der Tempel auch nit von schlechte Eltern.
   Dabei is Dergelmund kleiner als Traviansfurt. Aber hier kann sich ja angeblich niemand an Tempel leiste. Und des, wo doch der Efferd seit Urzeite unser Väterchen Darpat so im Bett hält, auf daß er nit aufwacht und uns de Stadt wegspült.«

»Da hast recht. Dem Efferd sollt' mer hier auch amol an schönere Tempel gönne. Vielleicht tät er dann auch bei sei'm Bruder Firun a Wörtche für uns einlege, damit der Winter au schneller vorbei ging'.
   S is aber au Zeit, daß 's wieder wärmer wird. Di Scheißkält' krabbelt mir jedesmal die Füß 'nuf bis zum Hals, wenn i im Hafe bin.«

»Ham nit die Gallyser a groß Firun-Stätt'?« überlegte Dolfing, »Na könnt' ja bei dene der Winter bleibe un wir bekomme de Rescht vom Jahr.« Er kicherte in seinen Becher, sah hinein und nahm einen Schluck.

Garnhilf winkte unsicher mit der Hand ab: »Jetzet, sei net albern. Des Grünzeug braucht sei Ruh wie elles andere au. Sagt der Borrel - des is die Aushilf beim Ochstantor, weißt', an Tobrier, aber a netter Kerl. Mer sollt's ja net glaube, aber de Tobrier ham's ja net alle mit de Schaf ...« Er kicherte, scheiterte am Versuch, zu zwinkern und hob seinen Krug:
   »Auf de Tobrier! Sin ehrlich feine Kerls und Mädels bei!«

Dolfing grabschte, ebenfalls kichernd, nach seinen Becher und stieß mit an. »Auf de Tobrier, auch, wenn se ohne Schaf kumme sin'!«
   Glucksend rannen große Ströme kühlen Bieres und Weines durch die erhitzen Kehlen.

Dann setzte Garnhilf seinen Krug ab und wischte sich den Schaum vom Mund: »Du, was war jetzt eigentlich des mit dem Dergelmund sei'm Tempel genau?«

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[DL13-Titelblatt]

DL 13 Inhalt

Dolfings Rechte ließ den sicheren Becher los und vollführte eine Schlangenlinie zur Mitte des Tisches. Dort tippte sie mit dem Zeigefinger auf die Platte.
   »Allso, äh, ich dacht' halt, es is schon irgendwie komisch, wenn die Dergelmunder in Bergthann 'ne Praiotin als Baronin haben und 'nen Efferdtempel ham und wir kriegen kein' schöneren Efferdtempel als die Bude am Hafen und soll'n 'nen Praiosorden kriegen.
   Das is wie den Onkel zum Vater machen und den Vater zum Onkel oder nit? Das tut doch uns lieb Mutter Travia bestimmt nit in den Sinn passen oder nit?« Dolfings Rechte kippte um und seine Linke übernahm die Becherrolle.

»Jooo - so hab' ich das noch garnit' g'sehn. Du h-hass' recht, das iss verkehrt so. Vor allem, wo wir doch den schöneren Hafen ham, un größer un so. Den k-kennt jede Sau. Un', Un', wer kennt schon Dergelmund? Da müßten wir doch auch den s-schöneren Efferdtempel krieg'n!«
   Torkelnd stand Garnhilf auf und wandte sich zum "Zünftigen Tisch": »Habter gehört? Wir woll'n kein' Orden nit, wir woll'n 'nen schönern Efferd-Tempel, jawoll ...!«

Bevor er weiterreden konnte, stand Ulf neben ihm und zog ihn Richtung Tür. »Garn, ich hab' Dir gesagt, Du sollst die Herren nicht stören! Jetzt ist Schluß, geh' nach Hause und schlaf Deinen Rausch aus!«
   Er blickte sich um und winkte Dolfing zu sich. »Und Du paßt auf, daß der Faselbruder heil nach Hause kommt. Gute Nacht!« Energisch schob er die beiden zum Ausgang und schloß die Tür hinter ihnen ab.

Lächelnd sah er zum 'Zünftigen Tisch'.
   »So, jetzt hab' ich endlich Zeit für euch ...!«

 

(MCH)

Hoch

Impressum

Text © 1999 Marianne C. Herdt, Tübingen, Graphik & Layout © 1999-2007 Marianne C. Herdt. Alle Angaben und Verknüpfungen ohne Gewähr. Datum der letzten Änderung: 2007-07-30 Die Bilder und Texte dieser Domain unterliegen den urheberrechtlichen Schutz und sind nur zur privaten, nichtkommerziellen Verwendung freigegeben. Jede Art der Reproduktion, sei sie manuell, mechanisch oder digital (Ausgenommen hiervon ist die Verwendung zur Ausgestaltung privater Rollenspielrunden) sowie Verbreitung in jeglicher Art unterliegt dem Einverständnis der jeweiligen Urheber.