Botengänger(in)

(Mz.: Botengänger/innen) Jemand, der für (geringen) Lohn Botengänge erledigt, meist zwischen mehreren Ortschaften bzw. Höfen. Einige B. bieten ihren Dienst nach Bedarf an, andere laufen regelmäßig eine feste Strecke ab.
   Meist werden Güter überbracht, selbstverständlich aber auch (mündliche oder schriftliche) Botschaften, immer jedoch Klatsch, Tratsch und "neuste Nachrichten". (Wobei sich manche Botengänger die Weitergabe solcher Informationen auch gut bezahlen lassen - in Münzen, Naturalien oder weiteren Neuigkeiten!)

Eine typische Strecke in Gluckenhang könnte so aussehen:
   Von Müggeln nimmt Bodrik zwei Weidenkörbe für die Abtei Morkenbruck (bestellt) und geräucherte Fische für Abt Schwarzwasser (Abtei-Abgaben) mit. Außerdem vom Muhrer Unge (also: Ungolf Muhrer) eine Puppe für dessen Enkelkind in Leugrimmsau.
   In der Abtei bekommt Bodrik eine kräftige Mahlzeit, liefert Körbe und Fische ab, berichtet, was es in Müggeln Neues gibt, und läßt sich dafür alles aus Morkenbruck erzählen. Von der Abtei nimmt er ein Fäßchen Birnenbrannt und einen Tiegel Salbe für Leute in Leugrimmsau mit.
   Außerdem trifft er die schon recht betagte Botengängerin Bärta Brot-Castl, die ebenfalls nach Leugrimmsau müßte, bloß wegen eines Korbes Birnen vom Morkenhof. Gern überläßt Bärta die Birnen dem jüngeren Bodrik. Versteht sich, daß die beiden ihre Nachrichten von Müggeln und Morkenhof austauschen!
   Je nach Wetter, Jahres- und Tageszeit übernachtet Bodrik in der Abtei oder zieht gleich weiter nach Leugrimmsau, wo er Puppe, Brannt, Salbe und Birnen abliefert, ganz sicher etwas zu essen und noch mehr zu trinken bekommt und an diesem Tag ganz bestimmt nicht mehr weiterzieht.
   Eigentlich würde er am nächsten Tag wieder zur Abtei zurücklaufen, aber ein Söldner hat ein Geschenk für eine Jungmagd auf dem Morkenhof (wo er mal einquartiert gewesen war ...), und der Morkenbauer hat schon länger nach Darpatschleien gefragt. Ansonsten gibt es noch einen Brief für die Abtei, der aber Zeit hat. Also wird Bodrik ausnahmsweise erstmal zum Morkenhof wandern ...

Schon gewußt?

Mindestens eine Botengängerin gab es in Süddeutschland (Raum Mössingen bei Tübingen) noch bis in die 1960er Jahre (und länger?). In der Kreisbildstelle existieren Filmaufnahmen von ihr, und vor einiger Zeit ist ein Buch über sie erschienen, «Die Botengängerin». (weitere Angaben werden nachgeliefert)

Berühmteste Botengängerin von Gluckenhang ist wohl Bärta Brot-Castl, "die gute alte BBC", die lange Zeit den DL mit Informationen und Geschichten versorgte. Inzwischen kommt sie seltener nach Traviansfurt, sondern bleibt lieber im Suderfall, aber ganz muß auch der DLB auf ihre Nachrichten nicht verzichten!

Normalerweise transportieren Botengänger nur bezahlte oder zumindest fest bestellte Güter bzw. überbringen Botschaften oder Geschenke. Vertrauenswürdigen Botengängern wie z. B. Bärta gibt man aber auch schon einmal Geld und weniger konkrete Aufträge mit ("Schau mal, ob du nicht eine Borte für das Kleid da findest. Und Klein-Helme hat Husten ..."). Dann wird der Botengänger auch schon mal (fast) zum Kauderer.

Die meisten Botengänger haben übrigens irgendwo eine feste Bleibe für den Winter, manchmal auch Familie. Einige sind aber auch "auf jedem Hof zu Haus'".

Hoch

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Text © 1997-2007 Friederike Stein, Tübingen. Graphik & Layout © 2007 Marianne C. Herdt, Tübingen. Alle Angaben und Verknüpfungen ohne Gewähr. Datum der letzten Änderung: 2007-07-30